H O G Schöndorf im Banat
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Schöndorf  - Dorf der Korbflechter

Die folgenden Ausführungen wurden von Frau Barbara Bomans, geb. Prohaska, zusammengetragen und zur Darstellung des Korbflechter Handwerks in Schöndorf niedergeschrieben.

Als Josef Kehrer in seiner "Kurzgeschichte der Großgemeinde Schöndorf" in dem kurzen Abschnitt über die Beschäftigung des Volkes neben dem Ackerbau die Korbflechterei als Hausindustrie anführte und sich von letzterer wünschte, dass sie sich zu einer fabrikmässigen Korbflechter-Industrie entwickelte, konnte er nicht ahnen, wie sehr sich diese, kaum 50 Jahre später, in Schöndorf in einmaliger Blüte darbietet und für viele Familien zur Grundlage ihrer Existenz wurde.

Als neben dem Weben zweitälteste Handwerkskunst - beide reichen bis in das Jahr 7000 v. Chr. zurück - kam sie auch mit dem am 15 März 1768 in Schöndorf verstorbenen Weidenflechter Johann Logel aus Groß-Redershingen in Lothringen, nach Schöndorf. Die Maroschau mit ihren wildwachsenden Weiden bot das Flechtmaterial in reicher Fülle. Dies war sicher auch der Umstand, dass der Beruf des "Weidenflechters" oder "Korbmachers" gerne ergriffen wurde, denn im Jahre 1828 gab es in Schöndorf bereits vier hauptberufliche Korbmacher: Josef Frensch, Martin Grünzweig, Vitus Lui und Pater Scharle. 

Einen besonderen Namen in der Entwicklung der Korbflechterei in Schöndorf machte sich Hans Hangai (geb.1858), sicher ein beruflicher Nachfahre eines der vorhin genannten Meister, der nach seiner Lehre in Schöndorf und seinen Wanderjahren als Geselle in Werschätz eine Werkstätte mit einem Verkaufsladen eröffnete. Mit Schöndorf unterhielt er enge Verbindung, begeisterte eine Reihe von Jugendlichen für diesen Beruf und nahm auch einige in seiner Werschätzer Werkstätte als Lehrlinge auf. Nach Schöndorf zurückgekommen, sorgten diese für die weitere Ausbreitung dieses Berufes. Einen guten Ruf über Schöndorf hinaus hatte sich auch Johann Wersching (geb. 1856) gemacht, dessen Söhne Johann und Philipp ihre Berufskenntnisse in ihrer Familie weitergaben. 
 Ein Meister seines Faches war auch Paul Majer, der aus seinen Lehr- und Gesellenjahren in Budapest die Kunst der Feinflechterei mitbrachte, Nähkörbchen, Handtaschen, Strickkörbchen und dergleichen fertigte, dann aber, dem Trunk ergeben, einsam und verlassen in der Schinderhütte am Dorfrand auf einer Strohschütte starb. 
Um die Jahrhundertwende wurde fast in jedem zweiten oder dritten Haus geflochten, zumeist einfache Körbe aus ungeschälten Weiden. 

Dazu schrieb Josef Kehrer: “ ... welcher letztere Zustand uns auch verstehen lässt, warum in unserer Gemeinde die Lungen-schwindsucht so stark verbreitet ist. Es ist ein trauriger Zustand, besonders in der Winterzeit, wenn man in solch ein Zimmer eintritt und zusieht, wie die Familienmitglieder, von 6 bis 7 Jahren aufwärts sich um das tägliche Brot bestreben, wo die Luft schwer und verdorben ist durch den Weidengeruch.
Um den Verkauf der Flechtererzeugnisse zu sichern, regte 1891 Árpád von Sármezey, Grundbesitzer in Schöndorf, die Gründung einer Genossenschaft an, ließ Lagerräume und Schuppen errichten und konnte so der Korbflechterei einen weiteren Auftrieb geben. 
Schöndorfer Flechtarbeiten wurden so auch im Ausland bekannt. 
1908 veranlasste Sármezey den Wiener Korbmachermeister Anton Müller seines Kleinwuchses wegen “der klaa Müller" benannt - nach Schöndorf zu kommen, bei dem Josef Denk in die Lehre gegangen war, der dann mit den Grundstein legte, dass Schöndorf ein wahres Korbmacherdorf wurde. Dazu trug bei, dass von Sármezey eine Parzelle nach der anderen von seinen Weidenkulturen verkaufte und so den bis dorthin ärmeren Familien zur Eröffnung eigener Werkstätten verhalf. 
Dem Wohlstand, der auch in die Häuser vormals ärmerer Leute eingezogen war, machte dann aber der Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein Ende. 
In der Zwischenkriegszeit erholte sich die Flechterei allmählich wieder. In den Werkstätten begann man sich die Arbeit mit Hilfe von Spalt- und Hobelmaschinen zu erleichtern, wobei sich die Schöndorfer Michael Holzinger und die Schmiedemeister Nikolaus Margert (senior und junior) durch die Erzeugung dieser sensiblen Maschinen besondere Anerkennung erwarben. Inzwischen hatte die Auflösung der Genossenschaft einen neuen Beruf in Schöndorf hervorgebracht, den der Korb- und Weidenhändler, unter ihnen die bekanntesten: Anton Kompas, Jakob Grünzweig, Anton Graf und Peter Link.Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 machte auch diesem Aufstieg ein Ende. Der totale Niedergang setzte dann mit dem Kriegsende ein. 

Ein neuer Anfang erfolgte, im Jahr 1948, als Geza Barany, der sich eines guten Rufes als tüchtiger Korbflechter erfreute, von Temeswar nach Schöndorf kam und beim Staatsgut eine kleine Korbflechterei eröffnete. Kaum hatte er den Anfang gemacht, scharten sich schon andere Korbflechter um ihn - Josef Denk muss als einer der ersten genannt werden - und was seinerzeit der Wunsch Kehrers war, begann sich zu erfüllen.  Aus der ersten Werkstätte, dem Saal des Gemeindewirtshauses, musste sehr bald wegen Raummangels in Räume der demolierten Holzinger-Mühle übersiedelt werden, von dort in das ehemalige Pfarrhaus. Nachdem die Räume wieder nicht ausreichten, wurden einige Gebäude im gewesenen Herrschafts-viertel für den Flechtbetrieb in Anspruch genommen.                       Im Jahre 1954 war die Zahl der Beschäftigten von den anfänglich 25 auf 70 bis 80 angestiegen. Notwendig wurde die Einstellung neuer Mitarbeiter durch den florierenden Export der Schöndorfer Erzeugnisse ins Ausland, in die Schweiz, Bundesrepublik Deutschland und Frankreich.

Geza Barany, der Mann der ersten Stunde nach dem zweiten Weltkrieg, der den Anschub zur neuen Blüte der Korbflechterei in Schöndorf gab. Er wurde 1910 in Mako, Ungarn geboren. Nach einer schweren Kindheit erlernte er mit 12 Jahren in Detta bei Familie Bradwarowici die deutsche Sprache und das Korbflechten. 1948 gründete er die Schöndorfer Flechterei.          

 

Nach der Versetzung des Meisters Geza Barany kam Josef Denk an dessen Stelle,   unter dessen Leitung sich die gute Entwicklung fortsetzte und neue Produktionsstätten notwendig machte. 1958 wurde endlich eine geräumige Halle für 200 Arbeitsplätze am Dorfeingang in Richtung Engelsbrunn bezugsfertig. Wieder konnten viele Lehrlinge  aufgenommen werden, mit deren Ausbildung Josef Prohaska beauftragt wurde, der den
Posten eines Meisters inne hatte. Unter den Auszubildenden war die Überzahl Mädchen, die sich dann besonders für Feinarbeiten eigneten.

Der Mann neben Geza Barany, war Josef Denk, ein großer Meister der Flechtkunst.

 

1960 übernahm Josef Prohaska bei einem Stand von 180 Flechtern und ungefähr 80 Hilfsarbeiter die gesamte Leitung der Flechterei und der Weidenkultur. Als erstes organisierte er die Arbeiterschaft in drei Brigaden zu je 60 bis 70 Personen, die unter der Leitung von Josef Denk, Michael Mosler und Peter Lorenz standen. 1963 wurde ein neuer großer Lagerraum fertig gestelIt. Für das Rohmaterial, die Weiden, war Mathias Merkl, ein fähiger und fleißiger Mann, zuständig. Die Weiden aus eigener Produktion reichten schon längst nicht mehr und mussten aus der engeren Umgebung (Traunau, Segenthau, Engelsbrunn), wie auch aus weiterer Umgebung(Seiden an der kleinen Kockel in Siebenbürgen) angekauft  werden.  Geliefert  wurden  die  Erzeugnisse an 30 Firmen in 18 Ländern und selbst nach Übersee. Die Zahl der Modelle war inzwischen auf 1700  angewachsen. Um zu neuen Modellen  anzuregen, führte  Albert Müller, ein  aus Traunau stammender Meister, den ersten Wettbewerb ein,  der erstaunliche Erfolge erbrachte und zu einer dauernden Einrichtung wurde.

Josef Prohaska, er hat das Flechterhand- werk in Schöndorf zu seiner höchsten Blüte geführt . Er wurde am 15. Mai 1926 in Schöndorf geboren, hier ging er auch zur Schule. Sein Lieblingslehrer war Peter  Wagner. Von ihm lernte er, das Lesen und Schreiben und den Wert eines Buches zu schätzen. Das Flechten erlernte er bei Josef Denk. Durch seine künstlerische vielseitige  Begabung im Handwerk, wie auch in der Dichtkunst, der  Bereitschaft immer etwas Neues zu lernen, zu schöpfen, zu bauen und gestalten, konnte er seine Träume erfüllen.

 

Das Jahr 1966 brachte eine Bestimmung des Ministeriums für Landwirtschaft, wonach alle Flechter, einen sechsmonatigen, Kurs machen mussten, um eine Qualifikations- bescheinigung erhalten zu können. Neben der theoretischen Ausbildung musste auch ein technologischer Unterricht bestanden werden. Die Leitung des Kurses und des technologischen Unterrichts war Josef Prohaska übertragen. Ihm gelang es auch im Einvernehmen mit seinen Vorgesetzten den letzten Samstag des Monats Mai zum "Flechtertag" zu machen, dessen Programm aus beruflichem Wettkampf, einem kulturellen Programm und aus Unterhaltung bestand. Über so ein "Flechterfest" schrieb Friedrich Haupt nach ausführlicher Behandlung des Ablaufes des Wettbewerbs und der Arbeit der Jury: " ... Wie viel eigentlich der Schöndorfer Erfindungsgabe zu verdanken ist, wird erst begreiflich, wenn man erfährt, das die bisher erzeugten 2400 Modelle als gemeinsame Leistung aller gewertet werden müssen, dass es also mit zur Schöndorfer Tradition gehört, wenn so gut wie jeder Flechter auch Modellschöpfer ist. Gerade darauf mag jenes Selbstbewusstsein der Schöndorfer Korbflechter zurückgehen, das Prestige, das ein einstiger Beruf der armen Leute heute im Dorf besitzt und nachweisbar auch weit darüber hinaus.Und eben aus diesem zweifellos berechtigtem Selbstbewusstsein entsprang auch der Gedanke zum Korbflechterfest, das nun zum dritten Male in Schöndorf mit dem bezeichnenden Präludium des Wettbewerbs eingeleitet wurde, und das, nach Meinung der Fachleute, bemerkenswerte Ansätze zur Entwicklung aus  neuen Gegebenheiten gewachsenen neuen Brauchtums ausweist.
Was wir hier davon festhalten möchten, ist wieder jene direkte Beziehung zur Arbeit des
Flechters, wie sie diesmal etwa in der dramatisierten Ballade „Der Korb des Gesellen“ zum Ausdruck kam, oder ein Jahr vorher im „Flechtertanz“. Das sind wirkliche Elemente eines neuen Brauchtums und darüber hinaus Zeugnisse echter Heimatliebe, so wie wir sie verstehen, nämlich in der Arbeit wurzelnd...Wir hörten an diesem Abend das Wort vom „schönen Maß der Arbeit“, eben vom Maß der Freude, das der Arbeit eine zusätz-liche Dimension verleiht, und das so erkenntlich an den Schöndorfer Erzeugnissen haftet“. 
Im Jahre 1976 erfolgte  die Modernisierung der alten Halle und der Neubau einer weiteren Halle für 80 Arbeitsplätze. Die Zahl der Deutschen unter den Betriebsangehörigen war bereits unter 50% gesunken, denn das Wort Familienzusammenführung, ließ die Zahl der Deutschen in  Schöndorf rasch schrumpfen.

1982 ging die Leitung bei einem Stand von 380 Angestellten von Josef Prohaska an
Horst Dautner über.

 

Text von Nikolaus Engelmann
nach dem umfangreichen Manuskript von
Josef Prohaska „Die Flechterei und Weidenkultur in Schöndorf“ 


Leider kam, mit der Aussiedlung der Deutschen aus Schöndorf in den Jahren 1989 – 1990, das Ende der Blütezeit der Korbflechterei in Schöndorf. 

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